Das
Leitbild der deutschen Harper’s Bazaar, die Frau, (O-Ton Margit Mayer in ihrem Vorwort) trägt Glitter-Hoodie und
Bauchnabelpiercing und posiert mit verschränkten Armen über dem Kopf auf dem Titelblatt
der Debütausgabe, das "wilden Luxus" im Heftinnern verspricht. Auf der Suche nach dem Stilportrait über
Carmen Geiss bleibe ich jedoch zunächst beim Vorwort der Chefredakteurin
hängen. Genauer gesagt, am Foto, dass ihrem Willkommensgruß an die Leserinnen,
vorangestellt ist. Mit Porzellanteint,
blutroten Lippen und üppigem Modeschmuck an Ohren und Hals, blickt sie, ihrem Image
entsprechend, mit strenger Miene bei zurückgehaltenem Haar in die Ferne. Fast
so scheint es, als wolle sie jedem der ihr unterstellte, dass ihr Editor-Bild
die Nachahmung einer Aufnahme Horst P. Horsts von Coco Chanel ist, die Stirn
bieten. Ob Sie dem Leser damit sagen will in welcher Liga sie sich selbst
spielen sieht? Mit Harper’s Bazaar
erhielt Margit J. Mayer, endlich die Chance,
der Verlagswelt zu zeigen, wie die deutsche Vogue hätte aussehen können, wenn sie die Modebibel hätte füllen dürfen und nicht Christiane Arp, die den
Chefredakteursposten 2003 von der turbulent glamourösen Angelica Blechschmidt übernommen
hat. Der Burdasche’ Frontalangriff auf das Flagschiff des Condé Nast Verlags
ist so dann auch optisch unübersehbar, wie inhaltlich vorhersehbar.
Zum
Einstieg präsentiert Harper's, wie jedes andere Modemagazin der Welt auch, die üblichen Must-have Seiten, und erfüllt
damit schon mal die Forderungen der Anzeigenkunden, mit ihren Produkten
redaktionell im Heft vertreten zu sein.
Die
Aufmachung sieht dem Look von Vogue zum Verwechseln ähnlich. Zu verantworten
hat das Mirko Borsche, der mit seinen Typographie-Orgien zuletzt das TUSH Magazin
und das Progammheft der Bayerischen Staatsoper in die Unleserlichkeit trieb, und für derlei Verfehlungen trotzdem jedes Jahr aufs Neue ausgezeichnet wird. Wie viele Freiheiten dem
Grafiker beim Pixelschubsen schlussendlich
eingeräumt wurden, bleib fraglich. Harper’s Bazaar Germany ist schließlich
ein Lizenzprodukt. Der dem Burda Verlag von diversen Fachmedien bescheinigte Mut inmitten der Printkrise ein neues Magazin herauszubringen, ist somit auch nur halb so mutig, wenn man sich vor Augen führt, dass die Existenz von Harper’s Bazaar schon 133 Jahre zählt und damit sogar zehn Jahre länger währt, als die der mondänen Rivalin Vogue.
Doch Mayer, bleibt auch nach nunmehr acht Ausgaben noch immer hinter ihren Möglichkeiten zurück. Bei Architectural Digest, dem Living-Magazin, dessen Chefredakteurin sie zehn Jahre lange war, hat sie bewiesen, dass sie es besser kann. Ob sie es bei Burda einfach nicht besser machen darf?
Betrachtet
man es als eine Form der Anerkennung kopiert zu werden, können sich Vogue
Herausgeber, Moritz von Laffert und seine Chefredakteurin, Frau Arp, freudig auf die Schultern klopfen.
Noch
heute zehrt Harper's Bazaar vom Glorienschein Diana Vreelands, sagenumwobene Kolumnistin und Moderedakteurin des Mutterblattes von 1936 bis 1962. Ein charismatischer
Freigeist mit spitzester Zunge, deren Habitus von Mayer imitiert, aber nicht gelebt wird. Das Original Vreeland bleibt unerreicht!
Was Vreeland von Mayer maßgeblich unterscheidet, mal abgesehen von der Tatsache, dass Vreeland nie Chefredakteurin des Titels war, ist, dass sie ganz auf ihr eigenes Urteilsvermögen
vertraute, und darauf basierend vor allem junge Talente förderte. Mayer hingegen stellte ihr Team aus den altbekannten Nasen der deutschen Modejournaille und ihrem Langzeit-Taschenträger Stephan Maier zusammen. Kai Margrander mag als langjähriger Modechef von Glamour viel Know-how mitbringen, aber weil er in Harper's Frauen wie spaßbefreite, androgyne Berlin-Mitte Galeristinnen aussehen lässt, frage ich mich, ob er für diesen Titel die richtige Wahl ist. Dasselbe Fragezeichen sehe ich bei Redakteurin Veronika Heilbrunner aufpoppen. Die ambitionierte Streetstyle-Ikone, die zuvor beim Online-Shop mytheresa.com werkelte, und davor eine Blitz-Affäre mit Schmuddelrocker Pete Doherty gehabt haben soll, trägt gerne Sneakers zu knöchellangen Röcken, was per se schon von einem eher fragwürdigen Geschmack zeugt. Mayer sieht das offenbar anders und segnete ein mehrseitiges Stil-Porträt über ihre hauseigene Moderedakteurin in der zweiten Ausgabe ihres Blattes ab. Doch passen Turnschuhe und Maxi-Rock à la Heilbrunner wirklich zum Mythos von Harper's Bazaar? Natürlich nicht!
Während Vreelands Harper’s Bazaar Sammelbecken für junge Fotografen, Models und Autoren war, entpuppt sich Mayers Jahrmarkt der Eitelkeiten als Hort der Berliner Snobs und Kulturaffen. Mayers Inner-Circle? Eine Selbstbeweihräucherung, die 2009 schon Gruner + Jahrs Personality-Postille Park Avenue das Aus bescherte.
Burdas Harper's Bazaar setzte in seiner Erstausgabe auf Karl Lagerfeld als Fotograf, von denen hauptberufliche Lichtbildkünstler hinter
vorgehaltener Hand behaupten, dass er eigentlich gar kein so guter Fotograf
sei. Mehr als gepflegtes Mittelmaß war seine in Kooperation mit Carine Roitfeld produzierte Strecke für Heft #1 nun wirklich nicht. Wie auch immer
man zu den fotografischen Künsten Lagerfelds stehen mag, er ist jedenfalls niemand,
den man im Vreelandschen Sinne noch pushen müsste. Nun könnte man einwenden, das Vreelands Handschrift Schnee von gestern ist, und man sich daran nicht mehr, sondern nur noch am aktuellen Zeitgeist orientieren müsse. Könnte argumentieren, dass die heutige amerikanische Harper's Bazaar unter der Leitung von Glenda Bailey auch nicht mehr dass ist, was sie unter dem Einfluss Vreelands einmal war. Es würde sogar stimmen. Doch es änderte auch nichts am Resultat der deutschen Harper's Bazaar, die nach acht Ausgaben noch immer so blutarm ist, wie ihre Chefredakteurin. Relevanz gleich null. "Ideen habe Viele", hörte ich sie auf einem Branchentreffens einst in die Runde flöten, "Ich brauche talentierte Schreiber!" Mission misslungen! Nicht ein Beitrag in Harper's Bazaar war bislang von Belang.
Wer will schon als modisch aufgeklärter Zeitgenosse das 752. Porträt über Ines de la Fressange, eine weitere unverifizierbare Anekdote über Coco Chanel oder eine erneute Ode an Jackie Kennedy, Grace Kelly oder Audrey Hepburn lesen? Auch der Welt entrückte Chefredakteure, sich elegisch gebende Berliner Kunstschnauzen oder verzottelt gekleidete dänische Blogger, sind so überflüssig wie sich selbst feiernde Ressortleiter auf den Gesellschaftsseiten am Heftende. Wetten, dass es Harper's Bazaar auch bald sein wird?
Wer will schon als modisch aufgeklärter Zeitgenosse das 752. Porträt über Ines de la Fressange, eine weitere unverifizierbare Anekdote über Coco Chanel oder eine erneute Ode an Jackie Kennedy, Grace Kelly oder Audrey Hepburn lesen? Auch der Welt entrückte Chefredakteure, sich elegisch gebende Berliner Kunstschnauzen oder verzottelt gekleidete dänische Blogger, sind so überflüssig wie sich selbst feiernde Ressortleiter auf den Gesellschaftsseiten am Heftende. Wetten, dass es Harper's Bazaar auch bald sein wird?
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