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Dagmar von Taube "Wir leben hier wie auf dem Mond" |
Wie
schön für die adeligen Besitzer, die für ihren schönen Besitz nie arbeiten mussten, und den ach so schwierigen Wandel
der Zeit (wieso ist dieser schwierig, und für wen, für die Portraitierten in
diesem Beitrag ja ganz sicher nicht) "stilvoll" an sich vorbeiziehen
lassen können.
So sehr die Autorin Dagmar von Taube von ihrer Clique namhafter Berliner
Kultursnobs für ihre im Stilmagazin "Icon" erschienene Homestory auf
Facebook* auch beklatscht wird, ich frage mich, was sie dem Leser damit
eigentlich sagen will.
Etwa das jeder, der seine Wohnung nicht mit Erbstücken
möblieren kann, ein neureicher und somit unkultivierter
Emporkömmling ist? Das Eingangs in ihrem Text eingebaute englische Zitat, "Imagine, the poor
guy, he had to buy his own furniture!", lässt dies zumindest vermuten.
Inhaltlich völlig abstrus ist insbesondere der gesamte sechste Absatz ihres Artikels:
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Dagmar von Taube in ihrem Artikel "Wir leben hier wie auf dem Mond" |
Das Bewusstsein alles
verlieren zu können, ist wohl weniger ein Privileg, als vielmehr eine Eigenschaft,
und die lässt sich bei Vertretern aller Gesellschaftsschichten finden. Auch
Nicht-Aristokraten verstehen sich auf die Wahrung von Stil in Zeiten der
finanziellen Ebbe, und avancieren deshalb nicht gleich zu Proleten. Wie die
Bewohner des von Frau von Taube beschriebenen Palazzos selbst erkannt
haben, wohnen sie in einem Elfenbeinturm. "Wie auf dem Mond", sagt
die Hausherrin und findet es einfach nur "herrlich." Doch in welch' geistigen Elfenbeinturm sitzt eigentlich der Axel-Springer-Verlag, oder Icon-Redaktionsleitern
Inga Griese, um nicht zu merken, dass solch eine dünkelhafte Stilideologie völlig
an der Lebensrealität arbeitender Menschen und dem Zeitgeist vorbeigeht?
*Aufmerksam wurde ich auf
Frau von Taubes Adelshymne über die "Gefällt mir-Angabe" eines
gemeinsamen Kontakts auf Facebook, und war entsetzt über den platten, weil
unreflektierten Zuspruch, den sie dafür von einigen illustren Zeitgenossen aus
ihrem Netzwerk erhielt. Auch Josef Voelk, Inhaber des Berliner Concept Stores
"The Corner" und Verlegerin Angelika Taschen drückten, sehr zu meiner Verwunderung, auf den
Like-Button. Denn, würde sich jeder nur noch mit
Erbstücken umgeben, ob Möbel oder Kleidung, und neuen Sachen abschwören, würde
Voelk nichts mehr verkaufen und niemand mehr Frau Taschens Bücher über zeitgenössisches
Design lesen. Dass sich ausgerechnet Selfmade-Millionäre, wie
Voelk und Taschen, für die Privilegien und die Blasiertheit des Adels
begeistern können, kann ich mir nur mit einem geringen Selbstwertgefühl und/oder dem
Streben nach etwas, dass sich mit Geld nicht kaufen lässt, erklären.
Berlinerisch cool und kosmopolitisch, wie sich die beiden in Interviews gerne
geben, ist diese Haltung allerdings nicht.