Deutschlands erfolgreichster Modeblog Les Mads wurde zum Jahresende 2015 von seinem Eigner, dem Verlagshaus Burda eingestellt. Offenbar war er für den Verlag nie wirklich rentabel! Die Klickraten und Besucherzahlen, die da von der Modemedia GmbH (zuvor Glam Media GmbH), einem Unternehmen, das Blogs vermarktet, darunter auch Les Mads, zweifle ich an. Schon allein weil Burda an dem Unternehmen beteiligt ist. In Zeiten des Blogger-Hypes zwischen 2009 und 2012 hat Burda mit der Übernahme von Les Mads samt den Gründerinnen, Jessica Weiß und Julia Knolle, Innovationsfreude suggerieren wollen und bewiesen, wie man einen Modeblog etablieren kann, wenn man in selbigen nur ordentlich Geld investiert. Grün vor Neid, durften Deutschlands Blogger-Tussis mitlesen wie Knolle & Weiß um die Welt geflogen wurden, um sich mit bekannten Modemachern einmal in deren New Yorker Showroom durch die Kollektion zu fummeln. Ob Karl & Co. nun wirklich so überzeugt von der modischen Kompetenz der Macherinnen waren, oder ob eher die guten Verbindungen der Anzeigenabteilung der Burda Style Group (Elle, InStyle, Freundin, Bunte) dafür sorgten, dass die Mädels plötzlich Front Row sitzen durften, interessiert heute niemanden mehr. Allein der Zeitgeist hat Burda einen Strich durch die Rechnung gemacht. So haben Modeblogs schlicht an Relevanz verloren. Wer spricht heute schon noch von BryanBoy und Garance Doré?
LUNTE
Dienstag, 5. Januar 2016
Freitag, 23. Oktober 2015
Instyle: Ikone geht, Digital kommt!
Die
Nachricht kam selbst für Mode- und Medienschaffende überraschend. Annette
Weber, seit 2007 Chefredakteurin der monatlich erscheinenden Fashiongazette Instyle,
Deutschlands auflagenstärksten Modemagazin, muss ihren Chefsessel für Kerstin Weng,
33, räumen.
Weng, die an der AMD München Modejournalismus studierte, kommt von
Stylight. Einem sich dem e-Commerce zuordnenden Unternehmen mit einer Website, die
vorgibt irgendetwas mit Mode zu tun zu haben, sich aber nicht entscheiden kann,
ob sie nun lieber Suchmaschine, Webshop,
Onlinemagazin oder Streetstyleblog sein will. Ermüdend unübersichtlich und
schmerzlichst oberflächlich.
Weng sollte dem Portal mehr redaktionelle Relevanz
verleihen, es als digitale Medienmarke etablieren, und gab für die Zuwendung zum "Onlinejournalismus" vor knapp einem Jahr ihren
prestigeträchtigen Job als Chefredakteurin der Cosmopolitan nach nicht einmal
zwei Jahren auf. "Ich liebe Print, aber noch mehr liebe ich guten
Journalismus", begründete sie damals offiziell ihre Entscheidung. "Der
Printmarkt ist in weiten Teilen gesättigt, die Sparmaßnahmen der Verlage sind
ganz eindeutige Zeichen dafür", schob sie noch hinterher.
Mit kompetentem
Modejournalismus bringt Stylight allerdings kaum jemand in Verbindung.
Was wohl weniger Weng anzulasten ist, als vielmehr den herrschenden
Unternehmensstrukturen. Nebenbei sei erwähnt, dass keiner der vier Stylight-Gründer etwas mit Mode am Hut hat, wie Weng in einem Interview mit dem Medienmagazin Horizont
selbst einräumte. Durfte Weng nicht so, wie sie gerne wollte? Zu ihrem Einstieg
bei Stylight verkündete sie noch: "Ich
freue mich, als Modejournalistin zu meinen inhaltlichen Wurzeln zurückzukehren
und meine Qualitäten in einem Onlineprodukt, für das ich brenne, einzubringen."
Die Leidenschaft muss schon nach kürzester Zeit auf Sparflamme gelodert haben. Waren
Resonanz und Anerkennung bei Stylight zu gering, oder das Angebot von Burda
einfach zu lukrativ? Weng ist entweder verdammt gut, extrem ehrgeizig
oder einfach strategisch klug vernetzt. Möglicherweise auch alles zusammen. Sicher ist, dass Weng ab dem
01.02.2016 (wieder) für Gedrucktes als auch Digitales rackern wird.
Die
Erwartungshaltung der Mode-Meute ist hoch, weil Webers hinterlassene Fußstapfen
so groß sind. Die Erwartungen des Burda Verlages sind sogar noch um einiges
höher, weil die Verlagsleitung endlich einmal Geld mir ihrem redaktionellen
Online-Klimbim verdienen will.
Manuela Kampp-Wirtz, Chefin der Burda Style Group
und somit aller Frauentitel des Hauses zur neuen Personalie: „Kerstin Weng war
unsere Wunschkandidatin für die Nachfolge von Annette Weber. Sie vereint
journalistisches Gespür und eine große Fashion-Expertise mit digitalem
Know-how. Ihr Auftrag ist es, den Aufbau der Multimedia-Redaktion weiter
voranzutreiben.“
Daraus lässt sich lesen: Der Chefredakteur von heute ist nicht
nur ein exzellenter Schreiber, Experte, sondern auch qualifizierter
Content-Manager. So zumindest die Wunschvorstellungen der leitenden
Verlagshyänen.
Da dass
Herz begabter und passionierter Schreiber aber in der Regel nicht für
Klickraten schlägt, und technikbegeisterte Social-Media-Connaisseure in der
Regel kein Talent für schöngeistige Formulierungen haben, bleibt es fraglich, ob
der Trend zur Vereinheitlichung von Print- und Onlineredaktion überhaupt
zukunftsfähig ist. Im Falle von " Netti" Weber steht eine namhafte Gefolgschaft aus Branchenleuten hinter ihr, die ihren Unmut über den Switch bereits auf Facebook öffentlich gemacht hat. Ob Instyle seine Relevanz als Trendbibel ohne Annette Weber halten kann?
Montag, 8. Juni 2015
ABGESAHNT: ZUM TODE VON PAUL SAHNER
Paul Sahner ist gestorben. Mit 70 Jahren. Herzinfarkt. Sein
Tod berührt mich, denn ich kannte ihn! Mit seinem grauen, stets akkurat getrimmten Haar, blitzenden Augen und einem locker
sitzendem Schal um den Hals, stach er am großen Konferenztisch, um den sich die
Bunte-Redaktion allmorgendlich zum
Meeting versammelt, hervor. Selbst dann, wenn er nichts sagte. Immer wieder
schielte ich aus der zweiten Reihe, in der die Jungredakteure und freien
Mitarbeiter sitzen, zu ihm herüber.
Im Gerangel um Zuständigkeiten und Kompetenzen
sowie beim Buhlen der Kollegen um die Gunst von Chefredakteurin Patricia
Riekel, stand Paul Sahner über den Dingen. Wenn gegen Ende eines Meetings die
Beauty-Tanten ihre Themenvorschläge vorsäuselten, war er in Gedanken längst bei
Wichtigerem.
In seinem Büro stand ein Fernseher, aber kein Computer. Seine
Texte verfasste er handschriftlich. Interviews zeichnete er auf und ließ sie
abtippen. Auf und um seinen Schreibtisch stapelten sich Papierballen,
Dokumente, Manuskripte, Bücher, Zeitschriften und Einladungen zu Türmen. Seine papierne Schreibtischunterlage vollgekritzelt bis zum Rand mit Telefonnummern von Publikumslieblingen wie Michelle Hunziker, Wolfgang Joop, Helmut Berger und Uli Hoeneß. Das hatte Stil. Ebenso seine Art der
Gesprächsführung mit Prominenten. Ein Telefoninterview, mit einer
Frauenrechtlerin, welches wir zusammen führten, dass letztlich einer
Promi-Scheidung weichen musste und auch später nie gedruckt wurde, hat mich
gelehrt, dass das eigene Ego im Gespräch mit Celebrities nichts zu suchen hat. So verlockend es auch
sein mag, dem Promi zu verklickern, wie sehr man doch seiner Meinung ist, wie
toll man seinen neuen Film findet oder das man schon immer ein Fan war, die
Reporter-Befindlichkeit hat außen vor zu bleiben. Eine Binse, die
Journalistenschüler schon am ersten Tag ihrer Ausbildung lernen, die aber insbesondere
Vertretern des Boulevard-Journalismus auf ihrem Weg zum Ressortleiter aus dem
Gedächtnis zu fallen scheint. Nicht so Sahner. Obwohl dieser in einem Interview
mit der SZ einräumt, eitel zu sein, fiel
während unseres Interviews mit der Frauenrechtlerin nicht ein einziges
Mal, das Wort "Ich".
Nach der
Befragung aßen wir zusammen zu Mittag, und ich fühlte mich irgendwie "besonders",
glaubte ich doch die Blicke der Burda Mitarbeiter auf uns zu spüren. Jeder im
Verlag schien ihn zu kennen. Was uns verband war die Leidenschaft für glamouröse Society-Eskapaden
und Charakterköpfe. Fingierte PR-Interviews, Auswürfe des Trash-TVs oder
antiseptische It-Couples, wie Olivia Palermo und Johannes Huebl interessierten
weder ihn noch mich. Sahner konnte sich diese Haltung leisten, im Gegensatz zu mir. Im Bereich
des People-Journalismus musste ich mich erst noch beweisen. Sahner war mein
Vorbild.
Wir machten uns lustig über Redakteurinnen, die stolz ihren
MCM-Shopper spazieren trugen, aber nicht wussten wer Michael Cromer war. Wir schmunzelten
über Kolleginnen, die lieber für Vogue arbeiten wollten, mit dem Namen Angelica
Blechschmidt aber nichts anfangen konnten. Wir schlugen fassungslos die Hände
über den Kopf, als wir auf selbsternannte
Society-Experten zu sprechen kamen, die den Begriff Bussi-Bussi–Gesellschaft zwar
blind tippen können, aber noch nie etwas von Werner Wunderlich oder Reimer Claussen
gehört hatten. Nach zwei Tagen endete unsere Zusammenarbeit. Das Interview war
im Kasten. Ich stellte meine Rechnung, arbeitete an anderen bunten Themen, mit anderen Redakteuren weiter.
Keiner von ihnen verfügte über die Kultiviertheit, Klasse und Entspanntheit
Sahners. Heute schreibe ich für andere Magazine. Paul Sahner begleitet mich
dabei in meinem Kopf. R.I.P., lieber Paul!
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Samstag, 31. Januar 2015
Textet Tillmann Prüfer ohne zu prüfen?
Ist es Abhängigkeit oder Ahnungslosigkeit, dass Tillmann Prüfer eine Kooperation zwischen Marke und Blogger mal wieder in höchsten Tönen überbewertet? In seiner Stilkritik im Zeit Magazin vom 29. Januar dichtet der Modeexperte einem schlichten Turnschuh von Kangaraoos eine gewisse Großartigkeit an. Doch groß scheint nur die seitenfüllende Abbildung des Treters. Der Schuh selbst ist weiß, und...ähm, nun ja, er hat eine rote Schlaufe an der Ferse.
Seinen Gestaltern, den bloggenden Jungs
von Dandy Diary, Carl Haupt und David Roth attestiert Prüfer dennoch wahres Revoluzzertum. Weist ihnen
in seinem Text die Rolle der Infragsteller, Umwerter und Punks zu. Schließlich
halte Dandy Diary mit seinen "rüpelhaften" Aktionen dem
Modebetrieb einen Spiegel vor, so der Autor. In ihren Handlungen (Fashion-Porno, Nacktflitzer
bei einer Modenschau von Dolce & Gabbana) will er gar eine
tieferliegende Wahrheit sehen. Dandy Diary sei die enttäuschte Liebe zweier
Provokateure. Enttäuscht darüber, dass der Mode alles "wurschtegal"
ist. Zum Beispiel die Art wie Kleidung produziert wird. Aber auch dass auf den Schauen zunehmend
"klein gedachte" Entwürfe gezeigt würden, dass Designer nur noch Mode
machen, die Kunden auch tatsächlich tragen wollen.
Dass insbesondere an zuletzt
genanntem Punkt nichts falsch ist, weiß auch Prüfer. Doch benötigt er diese Auflistung als Überleitung zur eigentlichen Nachricht, dem von Haupt und Roth
gestalteten Sneaker für Kangaroos. Wo und zu welchen Bedingungen dieser
hergestellt wurde bleibt unerwähnt. Warum das Modell eine ganze Seite im Zeit
Magazin wert ist ebenfalls. Dass der Preis von 360 Euro alles andere als Punk
ist, ist dann auch schon fast egal. PR-Mann Roland Hoffman, der in Deutschland die
Pressarbeit für die Marke Kangaroos verantwortet, dürfte sich jedenfalls
freuen. Als Dandy Diarys Nacktflitzer 2013 die Dolce & Gabbana Show störte,
tat er dies in Schuhen von Kangaroos, wie Hoffmann einen Tag später in einer
eilig verfassten Rundmail an Pressevertreter wissen ließ.
Ob Dandy Diary wohl damals
schon Geld von dem deutsch-amerikanischen Schuhhersteller kassierten, oder ob dieser erst nach der
Aktion auf die beiden aufmerksam wurde? "Die Mode ist in einer schwierigen
Lage" schreibt Prüfer zu Beginn seiner Lobhudelei, ohne dies weiter zu
verifizieren. Wenn sie das wirklich ist, dann vielleicht auch wegen solch einseitiger
Berichterstattung in eigentlichen Leitmedien wie dem Zeit Magazin.
Dienstag, 2. Dezember 2014
Medweths Numéro - Wetten, dass wird eine schwache Nummer!?
Nachdem Burda mit Harper's Bazaar sein Portfolio an
High-Fashion Titeln aufgestockt hat zieht nun auch der Münchner Madame Verlag
nach, und hofft im nächsten Jahr mit den aus Frankreich stammenden
Hochglanz-Gazetten "Numéro" und "Numéro Homme"
Werbeeinnahmen aus dem Luxus-Segment abzucashen.
L'Officiel Hommes, das
Männermodenmagazin, von dem man annehmen darf, dass es während seiner
vierjährigen Präsenz auf dem deutschen Markt nie schwarze Zahlen geschrieben
hat, kickt der Verlag dafür aus seinem Programm.
Warum Verleger Christian Medweth glaubt das
"Numéro Homme" erfolgreicher wirtschaften wird als L'Officiel Hommes,
ist nicht bekannt. "Da wir fest an das Segment hochwertiger Medien
glauben, ist diese Partnerschaft für uns ein strategisch wichtiger Schritt. Die
hohe internationale Glaubwürdigkeit dieser Marke ergänzt unser Portfolio in
idealer Weise" , fabuliert Verlagsgeschäftsführerin Marie-Christine
Dreyfus in einer Pressemitteilung des Hauses. Was sagt sie uns damit? Nichts! Typische
Worthülsen einer Managerin eben. Hauptsache das Wort "strategisch"
taucht dabei mindestens einmal irgendwo auf.
Glaubwürdig und hochwertig war
L'Officel Hommes übrigens auch. Doch kein Schwein hat das hierzulande
interessiert. Wie auch L'Officel Hommes ist Numéro ein Prestigeobjekt, das
Herrn Medweth Geld kosten, aber ihm keines einbringen wird. Ein französischer Titel ist in einem Land, in dem ein Großteil selbst der englischen
Sprache nicht wirklich mächtig ist, per se schon schwierig. Ein französischer Titel,
der sich an Männer richtet, noch viel schwieriger. Ein französischer Titel, der einer
männlichen Leserschaft zudem noch einen avantgardistischen Blick auf Mode, Kunst
und Design aufzwingen will, ist chancenlos.
Auch Numéro wird an der
Verständnislosigkeit deutscher Männer für modische Avantgarde scheitern.
Denn
wer, egal ob Mann oder Frau, kann schon mit Sicherheit sagen, was unter Avantgarde
eigentlich zu verstehen ist? Welche Zielgruppe hat der Verlag also für
"Numéro Homme" im Visier? Natürlich wird in der Debüt-Ausgabe
werbetechnisch erst einmal alles vertreten sein, was in der Welt der
Luxusgüter Rang und Namen hat. Doch die 100 schwulen Stylisten, als fester
Kundenstamm, werden die vier- bis fünfstelligen Anzeigenpreise auf Dauer gegenüber
den Werbetreibenden nicht rechtfertigen können.
L'Officiel Homme musste sich
unter der "Leitung" von seiner früheren "Chefredakteurin"
Lale Aktay in manchen Ausgaben mit gerade mal 12 Anzeigenseiten zufrieden geben.
Darunter auch von lokal ansässigen Einrichtungen. Die Zahl der Anzeigen hat
sich mit Aktays Nachfolger Götz Offergeld zwar vervielfacht, scheint aber
dennoch nicht gewinnbringend gewesen zu sein, wenn das Magazin nun eingestellt
wird.
Madame Verlagseigner Christian
Medweth hat für die Publikation einer
deutschen Version von "Numéro Homme" eine Lizenz von Paul Emmanuel
Reiffers erworben,
dessen Mazarine-Groupe die
Markenrechte an "Numéro Homme" und "Numéro" besitzt und bereits Lizenzen für einen
japanischen, chinesischen und russischen Ableger des Titels vergeben hat.
Möglicherweise getrieben von der Eitelkeit auf Augenhöhe mit Condé Nast mitstinken zu wollen, aber zu mut- und
ideenlos eine eigenes Magazin mit Profil zu entwickeln, setzt Medweth, wie alle anderen deutschen
Verleger auch, auf die Zugkraft eines im Ausland bewährten Titels. Die Zukunft
des Printwesens fühlt sich für mich anders an!
Labels:
Chefredakteur,
Christian Medweth,
Götz Offergeld,
L'Officiel Hommes,
Lale Aktay,
Madame Verlag,
Magazin,
Marie-Christine Dreyfus,
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